Ein Klassiker erscheint in der Neuauflage, eigentlich dürfte eine Meldung darüber kein großer Akt sein – meint man. Trotzdem ist mir das Schreiben etwas schwer gefallen, vielleicht weil es mir heutzutage immer schwieriger scheint, in einem einzigen Buch über alles, Geschichte, Theorie und Praxis der Produktgestaltung schreiben zu wollen. So wie es das Ansinnen dieses mit Sorgfalt gemachten Buches ist, das 1991 zum ersten Mal erschienen ist und mittlerweile in viele Sprachen übersetzt wurde.
Der Autor selbst merkt in der Einleitung an, dass die Umwälzungen der Welt, Digitalisierung und Globalisierung die ursprüngliche Form des Buches in Frage gestellt haben, ganze Kapitel mussten überarbeitet oder gestrichen werden.
Das lange Kapitel “Design und Globalisierung” (S. 71-224) wurde z.B. durch ein neues Kapitel ersetzt, das die “Globalisierung” und deren Auswirkungen auf das Design beschreibt. Design und Methodologie wurde aktualisiert, angenehm, dass hier große Denk-Zusammenhänge aufgezeigt werden statt kleinteiliger Business-Techniken. Studierende finden hier wirklich wertvolle Hintergründe zur Entwicklung von Produktgestaltung aus Sicht von Ulm, Offenbach und Kalifornien.
Diese 4. Ausgabe ist gereift und als Grundlagenwerk verdichtet wie ein Destillat. Wie sich das gehört, nimmt die Semantik und Phänomenologie in der Publikationen einen besonderen Rang ein, denn Bürdeks Denken ist prägend für das heute Selbstverständliche Gestalten und Kommunizieren in Symbolen und Codes als funktionales Ansinnen. Aber Bürdek wäre nicht Bürdek, würde er nicht klare Grenzen ziehen wollen und ausschließen was ihn nicht interessiert, dennoch ist ihm die strukturierte Wissensvermittlung hoch anzurechnen, die Schärfe mancher Formulierungen hebt sich von allzu gefühlsduseligen Publikationen der Designliteratur ab.
So unmöglich und geradezu eingeengt es heute scheint, dem Design essentialistisch zwischen zwei Buchdeckeln zu begegnen, desto größer wird die Leistung, das Konzert der Designgrundlagen samt der Erfahrungen in der Forschung über mehrere Jahrzehnte gleich mit hinein zu packen. Buch und Autor meinen es ganz, ganz ernst mit den Leser_innen – und sicher ist das auch richtig. Dennoch, es fehlt das Spiel, die Heiterkeit und das Theater, das die zeitgenössische Designforschung so gut mitnimmt.
Doch da, auf Seite 123: Die Improvisationsmaschine von Annika Frye – Danke!