1. “Find ich schön”
Kritik erfordert zunächst, dass man versucht möglichst klar zu machen, worum es einem geht. Der Blick in die (Design-)Geschichte ist für alle Denkwege unerlässlich, denn erst hier finden sich Bezüge, Kontexte und womöglich Wiederaufnahmen relevanter Sichtweisen. Dazu kommt, dass Geschichte auch “gemacht” ist: Wer wo wie wann in die Historie eingeht, ist auch ein Indiz für Strukturen, oder eben das, was eben nicht zur Sprache kommt.
2. Dazulernen erlaubt
Kritik ist nicht nur das große Manifest, sondern die lebendige Debatte. Wenn Du also Kritik im Design suchst, musst Du bereit sein, deine Meinung evt. zu ändern. Eventuell siehst Du heute manche Dinge anders als noch vor 5 Jahren, vielleicht überzeugt Dich ein(e) Diskussionspartnerin, es entstehen ganz neue Sichtweisen. Einzulenken und das auch zu äußern bringt ans Licht, was Kritik kann: Sie soll zu neuen Erkenntnissen leiten, nicht bloß polarisieren.
3. Mind the Gap
Design ist Praxis und nur vielleicht Disziplin. So ist der Begriff “Design” ohne eine vorherige Klärung des Ausgangspunktes fast gar nicht mehr nutzbar. Hilfreich ist die Vorstellung, dass Design einerseits als kulturelle Praxis Teil des menschlichen Werkzeugkoffers ist, teil der Fähigkeit, Imaginiertes in Form umzusetzen, entwerfen oder kreativ sein. Andererseits Design eben als historisch abgegrenzte Tätigkeit, als Beruf und Berufung in einem ökonomischen oder anderweitig wertschöpfenden Kontext. Etwas, das gelehrt wird und jemand es auf seiner Visitenkarte stehen hat. Natürlich ist die Vielseitigkeit des Begriffes nicht nur nervig, weil so unklar, sondern birgt auch Zugänge zu größerer Gehirnakrobatik.
4. Design kann nicht alles
Die prinzipielle Gestaltbarkeit der Welt bedeutet nicht, dass DesignerInnen immer auch alle Ansprüche an Probleme bedienen können. Der nötige Respekt gegenüber anderen Mensch- und Fachkulturen, Kompliziertheiten und Haltungen ist somit eine Grundvoraussetzung für Designkritik.
5. Design ist ein Beitrag zur Kultur
Ob etwas “Kultur” oder “Exzess” ist, hängt von den Umständen ab und vom Werturteil der Gesellschaft. Deshalb ist der Diskurs um Design so spannend, aber auch verwirrend. Es geht schnell ums Ganze, deshalb sollte man sich die Mühe machen, Debatten auch zu führen und eben nicht nur den anderen eine Meinung mitzuteilen.
6. Kritik in allen Formen und Größen
Kritik ist ein weiter Begriff. Fang wenn möglich nicht gleich in der Philosophie an, wenn Du dich kritisch über Design-Zusammenhänge äussern möchtest. Auch das Medium von Kritik ist für Designer frei wählbar: Artefakte und Strategien können ebenfalls kritische Beiträge zu Debatten liefern, nicht nur Texte.
7. Hilft mir dabei überhaupt ein Designstudium?
Eine gute Designausbildung liefert nicht allein die Befähigung, in einer Designagentur am Schreibtisch zu sitzen, vielleicht hält sie Euch auch aktiv davon ab. Eine gute Designschule befähigt die Studierenden dazu, Design in Theorie und Praxis zu befragen und dann zu Entscheidungen zu kommen. Diese Entscheidungen, persönlich sowie professionell, können eine große Tragweite haben – aber natürlich auch an den besagten Schreibtisch führen.
Wunderbar! Ein sehr reifer Artikel, der in Punkto Kritik äußern und Kritik ausüben auch auf andere Lebensbereiche anwendbar ist!
Bitte mehr davon!!!