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Fertig – Gedanken zu der Zeit danach.

Designer sein. Ein Traum. Immer Neues schaffen. Jeden Tag Kreativität. Diese gewisse Aura des Besonderen ausstrahlen. Wer wünscht sich so einen Beruf nicht, der uns über die Dinge stellt: wir betrachten schliesslich alles von einer verschobenen und privilegierten Perspektive aus. Wir sezieren die Realität, autopsieren die Verfehlungen unserer Konkurrenten, um diese anschließend erneut in einer “besseren” Version dem Markt mit vorauseilend mit grossen Worten anzupreisen. Passen wir nicht auf, so fügen wir uns nicht nur einem Kreislauf der (Design-)Dinge, sondern bauen unser eigenes Laufrad im Eitelkeitenkäfig.

Rückblick.

Als Designstudenten brennen wir noch. Wir benutzen oft Worte, die wir nicht ganz verstehen, doch meinen sie um so eindringlicher und vertreten diese mit überzeugender Glaubwürdigkeit. Wir bauen Visionen auf, konstruieren eine bessere, neue Wirklichkeit und wissen es, diese der akademischer Kundschaft zu verkaufen. Wir kämpfen ja um die höchste Note mit dem marktniedrigsten Nennwert.

Schnitt.

Was ist aber in der Zeit zwischen der Diplompräsentation und der 50. Rechnung passiert? Dem Traumberuf und dem studentischen Träumer? Warum wird aus unserem noch loderndem studentischen Feuer eine gelegentlich aufflackernde Flamme? Kurz. Klein. Unbedeutsam. – Nach den vielen Tag-der-offenen-Tür-Rundgängen stellte sich uns die Frage. Immerwieder. Selbstverständlich holt die Berufsrealität jeden Diplomierten schnell ein und man wird gezwungen, design-erwachsen zu sein. Sich so zu benehmen, wie die anderen abgestumpften neugewonnenen erfahrenen Kollegen. Man wird gezwungen, an das gleiche zu glauben oder noch weniger zu vertreten.

Eine einfache Antwort könnte sein: Zwischen unserer kreativen Pubertät und dem Jetzt passierten die bereits erwähnten 50 Rechnungen. Mögen noch die ersten zehn uns beflügelt haben, so ernüchtern uns die folgenden, die nachlassende Zahlungsmoral und der Umgang einiger Kunden mit unserer Zunft stutzen unsere Flügel. Wir erfahren neben vielem Guten auch zahlreiche Enttäuschungen und die kindliche Naivität, die unseren Antrieb nährte, entschwindet von Jahr zu Jahr. Und mag auch Wolfgang Beinert recht haben, ein mittelmäßiges Ergebnis kriege man schnell verkauft, für ein gutes müsse man sich ziemlich ins Zeug legen, begegnet uns doch zu oft das plötzlich leere Portemonnaie des Auftraggebers gepaart mit fehlenden Verständnis des benötigten Zeitrahmens. Das Mittelmaß wird Standard.

Und plötzlich: unsere Flamme erlöscht.

Nun, so ein wenig wortwörtlicher Burn-out schadet nicht: manchmal muss man etwas wie Ton brennen, um es haltbar zu machen. Doch leider ist nicht jeder unserer im Studium gestalteten pathetischen Tonvasen gleich beschaffen, nicht jede ist in ihrer Form vollendet. So geschieht es, dass der Markt an einigen von uns Bruchspuren hinterlässt, einige anderen gehen unbeschadet daraus hervor. Eine Vielzahl bricht. Und auch wenn wir das bekannte Zitat von Kiyoshi Sakashita hier zweckentfremden, „Design steht heute vor Funktion und Preis an erster Stelle“, will man nickend  beipflichten, denn wir erfahren oft, man möchte nur den kollateralen Glanz des “designten”, die Funktion wird schnell zum Ornament, der Preis wird schlieߟlich gedrückt. Das Endergebnis ist kein zufriedenstellendes. Zumindest nicht für uns, die Designer. Und dieses Ergebnis lässt sich nicht von einem gebrochenen Professionellen verteidigen. So bleibt uns zu wünschen, wir mögen uns an unsere brennende Vergangenheit erinnern und gelegentlich der Sachlage des Marktes trotzen. Nicht “Design” kann für die Misslage verantwortlich gemacht werden, es ist das Verblassen unserer gesunden Aggressivität. Diese Kraft, die uns im Studium immer wieder antrieb, müssen wir zurückgewinnen.

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4 Kommentare

  1. ber,

    Wenn man sich als Designstudent privilegiert fühlt, ist es verständlich dass man vom Berufsalltag enttäuscht wird.

    Der Beruf des Designers ist eben auch nur ein (Service) Beruf unter vielen anderen. Ergo gibt es Sachzwänge, Kompromisse und entsprechende Ergebnisse.

    Die (verständliche) Realitätsferne vieler Studenten/innen wird meiner Meinung oft durch Designmedien noch verstärkt. Was man dort vielfach präsentiert bekommt, muss fast zwangsläufig zum Irrglauben führen, dass man mit artsy-fartsy Arbeiten für Kunst- und Kultureinrichtungen Geld verdienen kann.

    Wenn man als Gestalter/in die Arbeit mit Auftraggebern als zu anstrengend und wenig befriedigend empfindet, bleibt immer noch die Möglichkeit selbst Produkte/ Services/ Events zu kreieren und damit Geld zu verdienen.

    Spätestens dann kann man wahrscheinlich Auftraggeber verstehen, die jeden Pfennig umdrehen 😉

  2. Max,

    Ein sehr schöner Beitrag, bitte macht weiter so! Bravo

  3. lrrm,

    Wie gut, wenn man keine tonvase sondern eine gussform ist. Design als solches ist doch kein Ziel, sondern eine Qualifikation, die alles andere bereichert. Design ist der weg zum Ziel. Vielleicht sollte man das mal den Studenten verklickern. Und dann gleich noch die Studie hinter her schicken, die belegt, dass der alterspeak in der Branche bei 26 liegt.


    Ein Diplom-Designer mit mehr als 50 Rechnungen.

  4. Danke für diesen tollen Beitrag. Ich bin dabei das Büro für Feuerwesen zu gründen (ein gemeinnütziger Laden ohne Druck und Zwang) und wer mitmachen will, soll sich einfach bei mir melden!

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